
Meine Beschwerde über verweigerte Befassung seitens des NDR und bloße Weitergabe einer Programmbeschwerde an den WDR
Ihr Schreiben vom 05.12.2014 (als Scan diesem Schreiben unten angefügt)
Sehr geehrte Frau Schildt,
Ihre Erläuterungen zu Prozedur und formaler Grundlage der Weiterleitung von Beschwerden gegen einen Beitrag im ARD-Gemeinschaftsprogramm Tagesschau bzw. Tagesthemen an die jeweils „einbringende Anstalt“ gehen am Ziel meines Protestes vorbei. Sie können angeblich „nicht erkennen, welcher Nachteil mir als Beschwerdeführer durch dieses Verfahren entsteht; es müsste gerade mir als ehemaligem NDR-Mitarbeiter" daran gelegen sein, Einschätzungen derjenigen Rundfunkanstalt zu erhalten, die den kritisierten Beitrag produziert habe. Die dortigen Urheber müssten Gelegenheit haben, sich innerhalb ihres Verantwortungszusammenhangs zu der Beschwerde zu äußern und nicht gegenüber dem Intendanten einer „anderen“ Anstalt.
Ach.
Ich habe gegen einen agitatorischen und irreführenden Ukraine-Bericht Beschwerde eingereicht, produziert zwar vom WDR, aber ausgestrahlt vom NDR, in der ARD-Tagesschau. Die beim NDR in Hamburg angesiedelte Tagesschau-Redaktion hat ausnahmslos für alles geradezustehen, was sie sendet. Weil darunter ein problematischer Beitrag war, den eine andere ARD-Anstalt zugeliefert hat, (hier der WDR), wäre es Aufgabe der NDR-Zentralredaktion gewesen, ihn entweder vor der Ausstrahlung mängelfrei zu machen oder ihn zu kippen - und dem Zulieferer mitzuteilen, dass und warum der unbefriedigende Beitrag nicht gesendet wurde.
Am Prinzip redaktioneller Gesamtverantwortung ist nichts unbegreiflich. Nicht einmal für Rundfunkräte.
Darüber hinaus langweilen der WDR-Intendant und der WDR-Rundfunkrat mit ihren sie selbst freisprechenden Schreiben längst. Es ist bräsige Alltagspraxis gerade dieses Kölner Senders, mit aus Textbausteinen zusammengesetzten Zurückweisungen auf Zuschauerproteste zu reagieren. Motto: „Was saubere Information ist, das bestimmen wir; halt´s Maul, Zuschauer, und zahl deine Gebühren.“ Im Grunde ist diese Einstellung stilprägend für den Umgang der gesamten ARD und des ZDF mit Zuschauerkritik geworden.


Zutiefst bedauerlich, dass man Sie daran erinnern muss.
Den Zuschauer interessiert übrigens der ARD-interne Ringelpietz nicht die Bohne. Er will, dass seine Beschwerde von den für eine Sendung Verantwortlichen sachgerecht behandelt wird; er will, dass seine Fehlerhinweise bei den Programmmachern zu kritischer Prüfung und ggfls. zu Selbstkorrekturen führen. Der Zuschauer sieht derzeit aber sich und seine Kritik an der anhaltend tendenziösen, Konflikte anheizenden Nachrichtengestaltung der öffentlich-rechtlichen Sender nicht ernst genommen, trotz aller Stichhaltigkeit seiner Einwände. Ihr neuerlicher zurückweisender Brief, sehr geehrte Frau Vorsitzende, verfasst von einem armen, subalternen Auftragsschreiber Ihres Büros und mit Ihrer computergenerierten Unterschrift signiert, beweist nichts Gegenteiliges. Sie sind gewählt, die Programmqualität eigenständig und unabhängig zu überwachen, werden jedoch dieser Ihrer Aufgabe keineswegs gerecht, engagierter Verfechter eines qualifizierten Informationswesens zu sein.
Nicht gewählt sind Sie dazu, schönfärberische und vertuschende Erklärungen der Mängelverursacher zu übernehmen und sie, verpackt als Ihre eigene Meinung, an den kritischen Zuschauer durchzureichen. Ob eine Information richtig und sachgemäß war oder nicht, sollen Sie und Ihr Rundfunkrat aus eigener Anschauung beurteilen und sich dabei nicht von hochdotierten Ohrenbläsern abhängig machen, und seien es auch der Intendant und dessen Chefredakteure. Die haben freilich kein Interesse an einem souveränen Rundfunkrat, der ihnen bei der Programmarbeit genau auf die Finger schaut. Und erst recht wäre ihnen unangenehm, vom Rundfunkrat öffentlich korrigiert zu werden. Dem bauen sie natürlich vor.
Warum halten Sie die selbstgemachten Qualitätssiegel der Programmmacher auf deren mangelhaften Produkten für bedeutsamer als Ihr eigenes Urteil? Würden Sie beim Rosskauf Ihre Bewertung eines Kleppers an den Anpreisungen des Pferdehändlers ausrichten?
Mir müssen Sie diese Frage nicht beantworten, sondern zuerst einmal sich selbst – hernach dann aber auch all jenen, deren Interesse Sie ihn Ihrer Funktion eigentlich vertreten sollten. Höflich grüßt
Volker Bräutigam
»Volker Bräutigam war von 1975 bis 1985 Redakteur in der Tagesschau-Zentrale Hamburg und auch danach noch, bis 1995, beim öffentlich-rechtlichen NDR (in der Hauptabteilung Kultur) als Journalist tätig. Er schreibt heute für die Politik-Zeitschrift Ossietzky. Als Nachfolgerin der "Weltbühne" orientiert sie sich strikt an diesem Vorbild. (s.a.»http://ossietzky.net).
Grafik: © ChrisHamburg / Wikimedia
Grafische Bearbeitung durch 0815-Info.com
Anhang: »Schreiben vom 05.12.2014 (Scan)